
Ein Erfahrungsbericht einer Botanikerin, die nach der Lion-Diät Nahrungsmittel wieder einführt – zwischen Asthma und der Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata)
Ah, die Knoblauchsrauke wächst wieder und die Wildkräutersaison startet. Für mich ist das ein Neubeinn, in jeder Hinsicht. Der eine oder andere weiß es: Ich habe gut zwei Jahre lang daran herumgeschraubt, das Asthma loszuwerden, was am Ende mit einem harten Reset geendet hat: 6 Monate Lion-Diät – nur Fleisch von Wiederkäuern* (bei KaufneKuh bekommst du über diese Einladung von mir 10% Rabatt!), Knochenbrühe* und Wasser. Und nun bin ich seit einigen Monaten wieder auf dem Weg, meine Nahrungsvielfalt etwas zu erweitern, um wieder „bei mir anzukommen“. Da ich komplett resetet bin, merke ich sofort, wie meine körperlichen Antennen auf Maximum gestellt sind und ich sofort merke, wenn mir etwas nicht guttut. Ich habe sozusagen 1000 % meiner Ess-Intuition zurück, und nun bin ich an einem Punkt, an dem ich auch die Wildkräuter so langsam wieder einbaue.
Nun wird es für mich als Botanikerin spannend, denn ich darf mich mit dem wilden Mix aus Pflanzeninhaltsstoffen auseinandersetzen und schauen, warum vielleicht das eine oder andere Rezept für mich (noch) nichts ist. Tatsächlich werden die Rezepte in der nächsten Zeit sehr einfach sein, da ich mich nach wie vor sehr minimalistisch ernähre. Ich lasse alles weg, was ich noch nicht offiziell in meine Nahrungsliste aufgenommen habe. Das ist für mich okay. Wer mal 6 Monate Lion hinter sich gebracht hat, der will sich den Erfolg und die neu gewonnene Klarheit auch so schnell nicht wieder aus der Hand nehmen lassen. Das Asthma ist nämlich WEG!
Knoblauchsrauke und die botanische Einordnung (für Laien verständlich)
Und in meinem Garten sprießt es gerade, und eines meiner bisherigen Lieblingskräuter wächst wie verrückt: Knoblauchsrauke, lat. Alliaria petiolata. Sie gehört zur Familie der Brassicaceae, der Kreuzblütler, zu der auch der Raps gehört. Sie ist damit NICHT verwandt mit Knoblauch oder Zwiebeln, die zu den Liniengewächsen gehören. Das ist botanisch relevant, gerade für die Inhaltsstoffe.
🌱 Das Rezept – schnell und simpel: Keto-Knoblauchsraukenbutter
Und da ich diese nun zwei Jahre nicht mehr gegessen habe, dachte ich: Du bist heute dran! Da ich das alles nur im Testlauf für mich fahre, sind die Mengen sehr klein. Du kannst sie gern verdoppeln. Frisch, würzig, aber mit Vorsicht zu genießen
Zutaten:
- 1 EL weiche Weidebutter (wer auf Milcheiweiß reagiert, nimmt Ghee)
- 1 Handvoll junge Knoblauchsraukenblätter
- 2 Prisen Steinsalz
- Optional: etwas Zitronenabrieb (ich lasse das weg, da ich Zitrone noch nicht in mein Repertoire aufgenommen habe)
Zubereitung:
Knoblauchsrauke fein hacken, mit der weichen Butter und den übrigen Zutaten vermischen oder im Mörser vermengen. In Förmchen oder Rollen abfüllen. Kühl lagern oder portionsweise einfrieren.
Wer möchte, kann als Farbtupfer Löwenzahnblätter oder Gundermannblüten beifügen. Sieht nett aus, aber ihr könnt euch denken, warum ich das nicht mache. Richtig: weil ich sonst nicht wüsste, woher eventuelle Reaktionen kommen.

Zur spannenden Frage: Ist Knoblauchsrauke wirklich so gesund – für jeden?
Meine Erfahrung:
Nachdem ich Butter und Milcheiweiß für mich als unproblematisch ausmachen konnte und mich nach wie vor in meiner wohl noch monate- oder jahrelangen Reintestphase (Wiedereinführung von Lebensmitteln) befinde, ist diese Wiedereinführung von Wildkräutern ein spannendes Feld, da ich 1:1 sehen kann, auf welche Pflanzen ich reagiere und was der Grund dafür sein kann.
Als Wildkräuter-Fan war ich begeistert, wieder Knoblauchsrauke zu riechen … und wurde dieses Jahr stutzig.
Denn: Es roch anders. Nicht nur nach Knoblauch. Klar, den riecht man auch, aber in diesem Geruch waberte noch etwas anderes mit – irgendetwas, das klebrig, schwer und dumpf wirkte. Fast so, als wäre da außer Knoblauch noch etwas Lauerndes im Hintergrund, als würde mein Körper sagen: „Nicht gut. Vorsicht!“ Das ist für mich immer so ein intuitives Zeichen, erst mal genauer hinzusehen.
🔬 Was steckt wirklich in der Knoblauchsrauke?
Schauen wir uns – vor allem die kritischen – Inhaltsstoffe einmal näher an. Über die Positiven Inhaltsstofffe muss man nicht viele Worte verlieren, denn über die Vorzüge von Vitamine und Mineralstoffe muss man nicht diskutieren. Nur diese kritischen Stoffe, die sind eben jenes berühmte Zünglein an der Waage.
1. 🧄 Glucosinolate
- Hauptwirkstoff: Sinigrin
- Abbauprodukt: Allylisothiocyanat (AITC)
- Wirkung: antibakteriell, antimykotisch, reizend, evtl. tumorhemmend
► Quelle: Frisch et al.: „Diversified glucosinolate metabolism…“
2. 🧪 Cyanogene Verbindungen
- Produzieren Blausäure (HCN) – vermutlich aus noch nicht eindeutig identifizierten Vorläufern
- Gehalt: bis zu 100 ppm Cyanid in frischen Blättern
► Quelle: Cipollini & Gruner, 2007: „Cyanide production in Alliaria petiolata“
3. 🧬 Saponine
- Noch nicht umfassend erforscht in A. petiolata, aber in vielen Brassicaceae nachgewiesen
- Wirkung: schleimlösend, aber auch reizend auf Schleimhäute (z. B. bei Leaky Gut, Reizdarm-Patienten oder Asthma)
► Quelle: Preprints.org: „Saponins: Properties, Applications and Processing„
4. 🍋 Phenolische Verbindungen und Flavonoide
- z. B. Kaempferol, Quercetin, Rutin
- Wirkung: antioxidativ, antientzündlich
► Quelle: Al-Khayri et al., 2022. “ Flavonoids as Potential Anti-Inflammatory Molecules: A Review„
► Quelle: Zulkefli et al., 2023: „Flavonoids as Potential Wound-Healing Molecules: Emphasis on Pathways Perspective„
5. 🌿 Ätherische Öle und Schwefelverbindungen
- Knoblauchähnliche Aromastoffe, aber ohne echtes Allicin
- u. a. Diallylsulfid-ähnliche Stoffe, jedoch in geringeren Mengen
► Quelle: Rhaman et al., 2024: „Brassicaceae Mustards“ Review
6. 💊 Vitamine und Mineralstoffe
- Vitamin C: ca. 100–150 mg / 100 g frische Blätter
- Vitamin A (β-Carotin), Eisen, Magnesium, Kalium
- Werte variieren je nach Standort und Alter der Pflanze
► Quelle: Gulil-Guerrero et al., 2007: „Nutritional composition of wild edible crucifer species„
► Quelle: https://www.invasive.org/gist/esadocs/documnts/allipet.pdf
Eine ganze Menge Stoffe also. Und tatsächlich ist nicht alles davon harmlos.
Gerade die Studie von Don Cipollini & Bill Gruner ist in diesem Zusammenhang spannend, denn: Als (ehemalige) Asthmatikerin Cyanid-haltige Stoffe zu kauen ist keine gute Idee. 100 ppm ist eine vergleichsweise geringe Menge und jeder gesunde Mensch kommt damit zurecht. Aber mein Körper reagiert ähnlich wie der von Kindern auf Zucchini mit Bitterstoffen.
„Ihhh, Zucchini-Gemüse!“ – es gibt kaum eine Mutter, die diesen Satz nicht kennt. Und was sagen wir dann? „Aber Kind, das ist doch gesund!“ … Wer definiert das eigentlich?
💥 Das chemische Waffenarsenal der Knoblauchsrauke
Saponine setzen Pflanzen schon lange ein, um nicht gefressen zu werden. Auch Pflanzen wollen überleben. Sie können nicht weglaufen oder schreien, also verteidigen sie sich: mit Stacheln, Bitterstoffen und eben chemischen Waffen.
Für die Knoblauchsrauke (Alliaria petiolata) hat Don Cipollini ein weiteres spannendes Paper verfasst. Denn in Nordamerika breitet sich die Pflanze invasiv aus – und wird dort von kaum einem Tier gefressen. Warum? Weil sie ein erstaunliches Waffenarsenal besitzt:
Glucosinolate (v. a. Sinigrin)
- Hauptabwehrstoffe der Brassicaceae
- Abbau zu Allylisothiocyanat: scharf, antibakteriell, herbivoren-abwehrend
- Auch allelopathisch: hemmt Mykorrhiza-Pilze
- Besonderheit: Nordamerikanische Populationen zeigen eine stärkere Induzierbarkeit durch Jasmonat (Stresshormon)
Alliarinosid
- Einzigartiges cyanoallyl-Glucosid
- Freisetzung von Cyanid möglich
- Wirkung gegen spezialisierte Fraßfeinde
Isovitexin-6“-O-β-D-glucopyranosid
- Flavonglycosid mit vermuteter Schutzfunktion
- Nordamerikanische Populationen zeigen höhere Konzentrationen
Peroxidase
- Enzym zur Abwehraktivierung und Zellwandverhärtung
- Nach Jasmonatgabe deutlich erhöht
Trypsin-Inhibitoren
- Hemmen Proteinverdauung bei Insekten
- In allen Populationen aktiv, unter Stress erhöht
🤧 Warum die Inhaltsstoffe von Knochblauchsrauke und Co. für mich jetzt ein Thema sind
Das Immunsystem verändert sich im verlauf des Lebens. Früher habe ich -vermutlich – recht viel gut vertragen, doch mit meiner ganzen Asthma-Geschichte, den Immunsystemmoduliernden Eingriffen wie Desensibilisierungen hat sich einiges bei mir veschoben. Hinzu kommt das zunehmende Alter, auch da ist der Körper irgendwann erschöpft und am Limit. Ich hab das gemerkt, als ich eine Fruktosunverträglichkeit entwickelte und mich selbst schlisslich als Hochallergisch eingestuft hatte. Aber damit wollte ich mich nicht abfinden. Der Körper und der Geist können sich gemeinsam heilen. Und denau das hab ich gemacht – an mir.
Da ich kein Arzt bin, darf ich keine Heilversprechen abgeben, aber mir selbst, habe ich es geben dürfen. Und es war erfolgreich. Mit meinen ganzen Arsenal an Wissen habe ich meinen Körper und meinen Geist resetet und kann nur sagen: Ich war hochallergisch, hatte Asthma und einen Leaky Gut, einen ziemlich löchrigen, empfindlichen Darm. Hatte! Vorbei!
Aber: Der Körper vergisst nicht. Das ist ähnlich wie bei einer Insulinresistenz, die man zwar Werte-Mäßig wieder weit in den Normalbereich bringt, aber man wird mindestens so lange insulinresistent bleiben, wie man Jahre gebraucht hat, es so weit kommen zu lassem. Ich bin also noch die nächsten 50 Jahre insulinresistent, auch wenn meine Wert top sind. Ähnlich verhält es sich mit Stoffen, die man nicht verträgt. Der nächste Kontakt kann eine „alte Wunde“ wieder aufreißen. Daher achte ich nun noch viel mehr darauf, was ich esse. Denn „eine Mischung aus , bei der die schützenden“gesunde“ Pflanzenstoffe können – bei mir – leicht zu Reizstoffen werden.
Was für gesunde Menschen ein Detox ist, kann bei mir ein Trigger sein.
Wildpflanzen wie Knoblauchsrauke können bei empfindlicher Verdauung oder einem gebeutelten Immunsystem eher stressen als stärken.
Deshalb: Ich habe die Butter zwar gemacht – aber nur minimal getestet.
Und warte lieber ab. Mein Körper entscheidet – nicht der Hype um Superfoods, der neuste Ernährungstrend, die gesundheitlichen Dogmen oder mein eigenes Dasein als Biologin.
🧠 Knoblauchsrauke ist toll, aber…
Sie ist ein Wildkraut und wehrt sich gegen das Gefressenwerden. Sie ist nicht automatisch gesund. Es ist lebendig, komplex – und verlangt nach Achtsamkeit.
Gerade in Zeiten der Reizüberflutung – durch Stress, Umwelt, Ernährung – dürfen wir wieder lernen, hinzuhören:
Was tut mir jetzt wirklich gut? Und was vielleicht (noch) nicht?
Epigenius bedeutet für mich: Klarheit – auch in der Ernährung.
Nicht alles ist für jeden zu jeder Zeit gesund. Daher würde ich nach meinen Erfahungen und Kenntnissen als Biologin von der Knoblauchsrauke abraten bei Menschen mit Leaky Gut, Reizdarm-Syndrom, Asthma, COPD und anderen autoimmunkrankheiten. Auch Schwangeren würde ich nicht empfehlen Knoblausrauke zu essen. Seid nicht traurig, dann: Alles kann uns etwas lehren.
Und dass ich das als Wildkräuter-Liebhaberin, Botanikerin und Unkrautgourmet schreibe – das ist schon bitter. Aber leider wahr.
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